Wetterarchiv Behrendorf

Hinweis: ab 1. Januar 2023 erfolgt die Aktualisierung der WsWin-Wetterdaten aus Behrendorf nur noch am 1., am 11. und 21. eines Monats. Aktuelle Daten gibt es unter https://wischewetter.info.

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Aktuelle Warnlage

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Wissen Kompakt


Gegenstrahlung


Das heutige Thema des Tages beschäftigt sich mit einem konkreten 
Beispiel für Gegenstrahlung am 01.12.2024 im Rhein-Main-Gebiet 
(Mainz).


Der Strahlungshaushalt bzw. die Strahlungsbilanz ist ein wesentlicher
Faktor für die in der Atmosphäre ablaufenden Prozesse. Dabei 
unterscheidet man in einem ersten groben Schritt einerseits die von 
der Sonne ausgestrahlte kurzwellige und sehr energiereiche Strahlung 
und andererseits die von der Erde ausgestrahlte langwellige 
(Wärme-)Strahlung. Bei genauerem Hinsehen werden beide 
Strahlungsarten auf ihrem Weg durch die Atmosphäre in vielfältiger 
Weise verändert, teils nur bezüglich ihrer Ausbreitungsrichtung, 
teils nur bezüglich ihres Wellenlängen-Spektrums - und manchmal auch 
bezüglich beider Eigenschaften. 
Im heutigen Thema des Tages werfen wir einen Blick auf die 
Wärmestrahlung der Erde. Sie hat einen Energieverlust für den 
Erdkörper zur Folge, der umso höher ist, je besser die Wärmestrahlung
durch die Atmosphäre in den Weltraum gelangen kann. Umgekehrt ist der
Energieverlust dann gering, wenn ein großer Teil der irdischen 
Strahlung, z. B. durch Reflektion, wieder zur Erde zurück gelangt. 
Diesen Teil der irdischen Wärmestrahlung bezeichnet man als 
Gegenstrahlung, weil sie dem physikalischen "Drang" der Erde, Energie
abzugeben, entgegensteht.
 
Sozusagen im "Gegenstrahlungs-Fokus" stehen aktuell natürlich die 
Treibhausgase und in der Folge der Klimawandel. Aber auch Wasserdampf
und mithin die Wolken sind sehr effektive "Gegenstrahler". Ein 
schönes Beispiel dafür zeigte sich am vorvergangenen Wochenende im 
Rhein-Main-Gebiet.

In der Abbildung 1 ist dazu der Temperaturverlauf am Messfeld des 
Instituts für Physik der Atmosphäre der Johannes 
Gutenberg-Universität in Mainz vom 29.11. bis 4.12.2024 angegeben. 
Genau genommen sind es sogar mehrere Temperaturverläufe, nämlich die 
Temperatur in 2 m Höhe (rot), in 20 cm Höhe (grün) und in 5 cm Höhe 
(blau). Die vierte Kurve (Taupunkt) ist ein Maß für die Feuchtigkeit.
Letztendlich kann man sich für unsere Überlegungen eine der drei 
erstgenannten Kurven aussuchen, die zugrunde liegenden Prozesse sind 
bei allen Temperaturkurven gleich.

In der Nacht von Freitag auf Samstag (29.11. auf 30.11.) war der 
Temperaturverlauf (bzw. sind alle drei Temperaturverläufe) weitgehend
so, wie man es erwartet. Die Temperatur sank - abgesehen von einem 
kleinen Peak nach oben zu Beginn der zweiten Nachthälfte) 
kontinuierlich ab. Gegen 07 Uhr MEZ am Morgen (Pfeil 1) und damit 
kurz nach Sonnenaufgang sorgte der solare Strahlungsinput dann für 
einen Temperaturanstieg bis etwa zur Mittagszeit. Am Nachmittag 
gewann die Ausstrahlung der Erde dann gegenüber der solaren 
Einstrahlung die Oberhand und die Temperatur sank wieder ab. Diese 
Temperaturkurve ist typisch für sogenanntes Strahlungswetter, das 
sich durch wolkenarme oder wolkenlose Gegebenheiten auszeichnet. 
In der Nacht zum Sonntag passierte dann aber Ungewöhnliches. Schon 
gegen 02 Uhr MEZ (Pfeil 2) begann die Temperatur zu steigen. Eine 
mögliche Option wäre natürlich Warmluftadvektion gewesen, allerdings 
war der Wind schwach (Hochdruckeinfluss). Stattdessen kann man die 
Erklärung aus Abbildung 2 herauslesen.

In dieser ist die tiefe Bewölkung dargestellt, wie sie unser Modell 
ICON-EU für die Nacht vom 30.11. zum 1.12. vorhergesagt hat. Um 21 
UTC am 30.11. (22 Uhr MEZ, oben links) war Mainz (roter Kreis) laut 
Modell noch frei von tiefer Bewölkung. In der frühen zweiten 
Nachthälfte (00 UTC entsprechend 01 Uhr MEZ), also kurz vor Beginn 
des Temperaturanstiegs an der Johannes Gutenberg-Universität, 
verdichtete sich die tiefe Bewölkung (oben rechts). Im weiteren 
Verlauf der Nacht zog die Bewölkung immer weiter zu (unten, von links
nach rechts). Damit verstärkte sich die Gegenstrahlung und der 
Temperaturanstieg schritt bis in die Morgenstunden voran. Übrigens: 
Das wird auch der Grund für den kleinen Temperaturpeak in der Nacht 
zum Samstag gewesen sein.
Mit Tagesbeginn schwang das "Strahlungspendel" aber zurück. Nunmehr 
dämpfte die Bewölkung die solare Einstrahlung, entsprechend stieg die
Temperatur nur sehr zögerlich an - kein Vergleich zur raschen 
Temperaturzunahme am Vortag. Dafür hielt der kontinuierliche 
Temperaturanstieg bis in die Nacht zum Dienstag an. Dies war aber der
Warnluftadvektion durch Frontensysteme geschuldet.

In weiten Teilen des Rhein-Main-Gebiets war der 1.12. somit kein 
freundlicher Tag. Die Betonung liegt auf "in weiten Teilen". Denn wer
sich die Mühe gemacht hat auf den Feldberg im Taunus zu wandern, 
konnte ein spektakuläres Panorama bewundern (Abbildung 3, mit 
freundlicher Genehmigung von foto-webcam.eu).

Bilder zum Thema des Tages finden Sie hier: Wetter und Klima - 
Deutscher Wetterdienst - Neuestes Thema des Tages


Dipl.-Met. Martin Jonas 

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 11.12.2024

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